Acrylamid bei Weizenprodukten

Acrylamid ist ein als krebserregend eingestufter Stoff, der bei starker Hitzeeinwirkung in der Verarbeitung stärkehaltiger Produkte wie Kartoffeln und Getreide entstehen kann. Vor allem frittierte Kartoffelprodukte wie Chips und Pommes Frites zeigen hohe Acrylamidkonzentrationen, aber auch in den meisten Getreideprodukten kann Acrylamid nachgewiesen werden, in höheren Konzentrationen allerdings vor allem in Keksen, Lebkuchen und Knäckebrot. In Brot findet man über 95% des Acrylamids in der Kruste und kaum Acrylamid in der Krume und da Brote überwiegend aus Krume bestehen, ist Acrylamid da auch kein Thema. Die EU-Kommission hat den Richtwert für Acrylamid in Weizenbrot auf 50 µg/kg gesenkt und arbeitet aktuell an verbindlichen Grenzwerten.

Wir haben umfangreiche Studien unternommen mit dem Ziel, verschiedene Optionen entlang der Weizenwertschöpfungskette auf ihr Potenzial zur Reduzierung von Acrylamid zu untersuchen. Acrylamid kommt nicht Im Getreidekorn und Mehl vor, sondern bildet sich erst unter großer Hitzewirkung aus reduzierenden Zuckern (Glucose, Fructose, Maltose) und der Aminsosäure freies Asparagin. Insofern kann man am Mehl nicht direkt die zu erwartende Acrylamidmenge messen. Allerdings konnten wir Daten aus der Literatur klar bestätigen, dass der Gehalt an freiem Asparagin im Vollkornmehl sehr eng mit der Acrylamidmenge im Endprodukt korreliert, bei Backwaren, aber auch bei Frühstückspops. Somit kann die Bestimmung von freiem Asparagin an Vollkornmehlen als guter Vorhersagewert genommen werden, was in der Endproduktherstellung unter großer Hitzewirkung an Menge Acrylamid zu erwarten ist.

Deswegen haben wir zahlreiche weitere Experimente unternommen, in denen die Menge freies Asparagin in Abhängigkeit verschiedenster Arbeiten entlang der Wertschöpfungskette gemessen wurde. So  konnten wir deutlich zeigen, dass es große Unterschiede im Gehalt an freiem Asparagin zwischen den einzelnen Sorten in den Arten Weizen, Durum, Dinkel, Emmer und Einkorn gibt. Das bedeutet, dass das Acrylamid-Risiko durch Sortenwahl nahezu halbiert werden könnte. Langfristig wäre es sogar möglich, den Gehalt an freiem Asparagin im Weizen durch gezielte Selektion weiter zu senken. Wenige Landessortenversuche in Deutschland messen und berichten seit wenigen Jahren den Gehalt an freiem Asparagin der getesteten Weizensorten. Eine reduzierte Stickstoffdüngung führt ebenfalls zu reduzierten Gehalten an freiem Asparagin im Mehl, ist aber nur in Kombination mit der Sortenwahl und unter Berücksichtigung der Backqualität zu empfehlen. Der Bäcker kann das Acrylamidrisiko weiter reduzieren, indem er die Teiggärzeit verlängert. Darüber hinaus enthält Vollkornmehl deutlich mehr freies Asparagin als Auszugsmehl. Es sei aber darauf verwiesen, dass Vollkornmehl im Vergleich zu Auszugsmehl viele ernährungsphysiologische Vorteile für uns Menschen hat und somit raten wir nicht zum erhöhten Verzehr von Auszugsmehl sondern, dass bei Produkten aus Vollkorn, bei denen evtl. höhere Gehalte an Acrylamid zu erwarten sind (Knäckebrot), andere Massnahmen zur Reduktion des Acrylamidgehaltes herangezogen werden (weniger Hitze beim Backen, Nutzen Asparaginase, Wahl der Weizensorte,...).

Weitere, von uns nicht untersuchte Reduktionsmöglichkeiten sind die Verringerung der Backtemperatur und -dauer, der Einsatz technischer Enzyme und die Vermeidung von Schwefelmangel bei der Getreideproduktion. Es gibt also zahlreiche Möglichkeiten, das Acrylamidrisiko entlang der Weizenlieferkette nachhaltig zu reduzieren. Eine grobe Schätzung für den deutschen Weizenmarkt besagt jedoch, dass max 10% des in Deutschland produzierten Weizens für Endprodukte verwendet werden könnten, bei denen Acrylamid in die Nähe der künftigen EU-Referenzwerte gelangen könnte. Es bleibt eine Frage des Zusammenspiels über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg, wie man dies in Zukunft gemeinsam lösen kann. Mehr Informationen hier.